Kirchen und kirchliches Leben
- Veröffentlicht am Freitag, 27. August 2010 06:55 Uhr
- Geschrieben von : Paddy
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Im  Folgenden wird die Beschreibung der ersten Aufzeichnungen der  Kirchenburg, Kirche, Kirchenturm und die Bedeutung ihrer Reliquien,  das  kirchliche Leben, die Leitung und die Aufgaben der Mitglieder  festgehalten. 
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Die Kirchenburg

 Die Kirchenburg von  Halvelagen befindet sich auf einer flachen Anhöhe, ungefähr in der  Ortsmitte. An ihr führen zwei wichtige Dorfstraßen vorbei: gegen Osten  die Großgasse und gegen Westen die Untere Gasse. Es ist anzunehmen, daß  unsere Vorfahren bald nach der Ansiedlung hier das erste katholische  Kirchlein errichteten und daß es im Dorf schon recht früh Seelsorger  gab. Beispiele: 
 1335 Der Priester Johannes von Hodwilag wird auf einer päpstlichen Steuerliste als zum Kokler Archidiakonat zugehörig erwähnt. 
 1507 Der Gemeinde werden 2 Gulden und 24 Denar Stuhlsteuer für  den Ausbau der Kirchenburg erlassen.  Im Jahr 1507 wurde die Burg durch  die Wehrbarmachung mit Ringmauern, Türmen und Basteien als  Verteidigungsburg errichtet. 
 Aus  schriftlichen Unterlagen geht hervor, daß sich im Südosten der Burg  (dem Schulwinkel zu) eine große, weit hervorstehende Bastei mit  Speckkammern befand. Innerhalb der Ringmauer gab es noch einen  kleineren, südlich gelegenen Turm und westlich eine zweite, kleine  Bastei und ein Pförtchen. An der Mauer stand eine Reihe offener  Schuppen, gefüllt mit neben- und übereinanderstehenden Kornkästen der  Dörfler. In den Mauerring hinein gebaut war die Wohnung der Kantoren, in  der später der Burghüter wohnte. In der Burg gab es auch einen Brunnen.  Im 19. Jahrhundert wird ein Gemeindegefängnis erwähnt. (Schuller,  Dorfheimat S. 63).  Der Glockenturm befindet sich an der  Nordostseite der Kirchenburg, neben der Kirche. Er wurde 1581 als  Glocken- und Wehrturm mit Schießscharten errichtet und war 8 Klaftern (1  Klafter = 1,9 Meter) hoch. In ihm gab es eine Speckkammer, unter ihm  war die Burgeinfahrt. Der Grundriss hat eine quadratische Form von  ungefähr 7 Meter Seitenlänge.
 1702 zur Zeit der Kurutzen, brannte die Kirche und ein Teil der Burg samt dem ganzen Dorf ab.  1724 erlitt sie noch einmal dasselbe Schicksal.
 Unter Pfarrer Michael Ungar (1794-1798) wurde der Turm  im Jahre 1796  um ein Stockwerk erhöht und ein neues, pyramidenförmiges Dach  aufgesetzt, das eine Metallspitze mit einem Turmknopf trägt, auf dem ein  beweglicher Wetterhahn steht. In dem Turmknopf soll sich „eine  Erinnerung an die liebe Nachkommenschaft" (Kirchenarchiv) befinde.
 Im  Inneren des Turmes führten mehrere Holzstiegen zu den Glocken, die im  oberen Teil des Turmes an Holzgerüsten „Glockenstuhl", befestigt waren.  Von ihnen hingen starke Seile , mit deren Hilfe geläutet wurde, bis zur  Eingangstür hinunter.  Im obersten Stockwerk befinden sich auf jeder  Seite zwei manngroße offene Schallfenster mit Rundbögen, die den Klang  der Glocken weit hinaus tönen ließen und auch einen schönen Ausblick auf  das Kokeltal und die ganze Umgebung gewähren.
 1794 wurde durch den Uhrmacher M. Dêvai eine Turmuhr hergestellt und  montiert, sie ist im Laufe der Jahre öfter repariert worden. Im Jahre  1966 befestigte man einen Blitzableiter an der Spitze des Turms.
 Von welcher Seite auch immer man unsere Heimatgemeinde erreichen  wollte, dieser hohe Turm (35 Meter) grüßte jeden Einkehrenden schon aus  weiter Ferne. 
Die Glocken

1916, während des 1. Weltkrieges, wurde die mittlere und kleine Glocke requiriert. Unter Pfarrer Michael Binder schaffte man eine kleine ne an - sie läutete Weihnachten 1921 zum ersten Mal. Die mittlere konnte erst 1931 in der Glockengießerei Andreas Paksa in Herrmannstadt gegossen werden und trägt die Inschrift: „Zur Ehre Gottes gegossen im Jahre 1931 als Ersatz für die 1916 im Kriege requir. Glocke“. Am 3. Dezember weihte man sie gleichzeitig mit der reparierten Orgel ein.
Der Klang dieser Glocken hat die Bewohner unseres Heimatortes viele Jahrhunderte hindurch bei ihrer Arbeit, bei ihren Festen sowie auf ihrem letzten Weg zur Ruhe begleitet. Bei Kriegs-, Feuers- und Überschwemmungsgefahr warnte ihr Stürmen alle rechtzeitig und rief sie in den Schutz der Kirchen- und Burgmauern.
Am 9. August 1997 mussten alle drei Glocken ihren Turm verlassen. Sie wurden einem Gotteshaus der Synodal- Presbyterialen Evangelisch- Lutherischen Kirche A.B. in Sfântu-Gheorghe geschenkt.
Die Kirche

Unter Pfarrer Johannes Jobi, der 38 Jahre (1756-1794) der Gemeinde gedient hat, führte man nicht nur am Turm und Pfarrhaus, sondern auch an der Kirche wichtige Reparaturen durch: Es wurden noch drei Fenster gebrochen - weil die Kirche zu dunkel war - der Fußboden im Chor wurde erhöht, und vor den Eingangstüren wurden hölzerne Vorhallen errichtet.
Im Jahre 1801 wurde das Dach gründlich renoviert. Bei einer Kirchenvisitation stellte man 1820 fest, daß die Kirche erweitert werden müsste. So wurde 1828 (Pfarrer war Michael Maetz) mit dem Umbau begonnen, und 1834 war sie in der heutigen Form fertiggestellt. Das Ergebnis ist eine stillose, helle Saalkirche, deren Fenster oben rechtwinklig abgeschlossen sind. Der etwas schmälere Chor hat ein Tonnengewölbe und das Schiff ein Stukkaturdecke. Die Kirche hat eine Breite von etwa 8 Metern und eine Länge von 30 Metern, wobei auf das Schiff 23 Meter und auf den Chor 7 Meter entfallen. In der Kirche führen drei Portale mit gemauerten Vorhallen. Eine kleine Ausgangstür befindet sich im Chor neben dem Pfarrgestühl. Das Hauptportal liegt an der Westfront, die beiden anderen ungefähr in der Mitte der Nord- und Südseite des Gebäudes.
1956 zur Zeit von Pfarrer Michael Mosberger, wurde der elektrische Strom in der Kirche und im Pfarrhaus eingeführt.
1990 wanderte fast die gesamte deutsche Bevölkerung von Halvelagen aus, so daß die Kirchengemeinde aufgelöst wurde. Am 3.August 1990 hielt Pfarrer Johann Menning den letzten Gottesdienst in Halvelagen ab. Zur Zeit wird die Kirche vom Landeskonsistorium verwaltet.
Der Altar

Die Kanzel

Die Orgel
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Im Jahre 1975 restaurierte der Orgelbauer Herrmann Binder sie noch einmal, wobei auch ein elektrisches Gebläse eingebaut wurde.
Diese Orgel hat mit ihrem schönen Klang unsere Dorfbewohner immer wieder erfreut, bis zum Jahre 1990.

Taufbecken, Lesepult und Sakristei

Im Vordergrund des Chors steht ein hölzernes Lesepult, an dem der Pfarrer die Schriftlesungen hielt.  Das Lesepult sowie auch der Altar und die Kanzel waren mit bestickten Samtbehängen verziert.
Die Sakristei, 2 Meter breit und 7 Meter lang, ist ein kleiner Anbau aus Mauerwerk an der nördlichen Seite des Chors. Eine kleine Tür an der Nordwand des Chores gewährt Eintritt. Hier wurde die Gedenktafel aus dem Jahre 1801 und ein Teil des Kirchenarchives und -inventars aufbewahrt.
Leitung der Kirche und kirchliche Mitarbeiter

Der Pfarrer war der „Geistliche Vater“ für seine Kirchenkinder, was auch durch die Anrede „Herr Vater“ (Herr Vuәter) für ihn und „Frau Mutter“ (Frau Motter) für seine Frau zum Ausdruck kam. Als Seelsorger, Ratgeber, Tröster, Freund und belehrender Vater war er immer für sie da, vor allem als die kirchliche Führung in unseren sächsischen Gemeinden zugleich auch die politische war. Der evangelische Pfarrer stand an der Spitze der Gemeinde, neben ihm der Hann und der Mithann. Wenn der „Herr Vatter oder die „Frau Mutter“ durch die Dorfgassen gingen, standen alle - auch der älteste Dorfbewohner - von der Bank auf und grüßten sie ehrerbietig. Das hatte sich in letzter Zeit geändert. Des Pfarrer Hauptaufgaben waren die kirchlichen Amtshandlungen in der Gemeinde wie Taufe, Konfirmation, religiöser Unterricht, Trauung, Beerdigung, Bibelstunden und andere. In früheren Zeiten wurde der Kirche „der Zehnte“, das heißt der Zehnte Teil der Ernte, abgegeben (der Andreanische Freibrief von 1224 sprach ihn der Pfarrer auf dem Königsboden zu…) und davon erhielt der Pfarrer seinen Lohn. Er besaß auch den Pfarrersgrund und Weingärten. Nach Aufhebung des Zehnten (1848) zahlten die Dorfbewohner Kirchensteuer. Der zu zahlende Betrag wurde erst nach dem Vermögen und ab 1945 nach einem bestimmten Steuerschlüssel festgelegt. Einen Teil seines Gehalts erhielt der Pfarrer nun von der Kirchensteuer, und ein Teil wurde vom Staat als Ergänzungsbeitrag „Kongrua“ , gezahlt.
In den letzten Jahren musste der Pfarrer von Halvelagen auch die Seelsorge und alle kirchlichen Arbeiten in der Nachbargemeinde Pruden übernehmen und schließlich auch in Waldhütten, weil die Seelenzahl in diesen Ortschaften stark geschrumpft war.
Die Vertretungskörperschaft der Kirchengemeinde war das Presbyterium und die Gemeindevertretung; früher war es die Altschaft. Sie halfen dem Pfarrer, alle kirchlichen und bis zur Verstaatlichung der Schule auch die schulischen Probleme zu lösen. Sie wurden meist auf vier Jahre gewählt. Der erste weltliche Würdenträger war der Kurator. Als Leiter des Kirchenrates sorgte er für Ordnung sowie für die Erhaltung und Überlieferung von Sitten und Bräuchen der Kirchengemeinde.
Bei Pfarrerpräsentationen überreichte er dem neugewählten Pfarrer während einer Festrede den Kirchenschlüssel. Ihm zur Seite standen zwei Kirchenväter und mehrere Presbyter, deren Anzahl nach der Zahl der Gemeindeglieder bestimmt wurde. Das Presbyterium war früher Kirchen- und Schulaufsichsratsbehörde. Die weiteren Aufgaben des Presbyteriums bestanden unter andrem darin, die Instandhaltung aller kirchlichen Gebäude und des Friedhofs sowie die Anschaffung von Brennholz für das Pfarrhaus und die Schule sicherzustellen. Das Presbyterium hielt im Laufe eines Kirchenjahres mehrere Versammlungen ab, in denen Berichte erstattet und neue Aufgaben besprochen wurden. Wenn es sich als nötig erwies, wurde die Gemeindevertretung, zu der in letzter Zeit auch Frauen gehörten, einberufen. Wenn größere Vorhaben beschlossen werden sollten oder Neuwahlen durchgeführt wurden, fand die Kirchengemeindeversammlung statt.
 
