Geschichte und Landschaft

Erstellt am Mittwoch, 11. Oktober 2006 22:13 Uhr
Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 17. September 2013 21:36 Uhr
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Oktober 2006 18:00 Uhr
Geschrieben von : Manfred Schinker

 

 

Geschichte

Halvelagen wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert von deutschen Einwanderern, den sogenannten Siebenbürger Sachsen gegründet. Der deutsche Name Halvelagen stammt von der ungarischen Benennung Holdvilag und bedeutet wahrscheinlich Siedlung des Mondes (angeblich stammt der Name von dem flachen Vorberg nordwestlich vom sächsischen Friedhof, auf dem bei Mondlicht die Hasen tanzten). Im Laufe der Besiedlung wurde auch in Halvelagen eine der Kirchenburgen gebaut, für die Siebenbürgen so bekannt ist. Die Burgmauer um die Kirche und der Kirchturm Halvelagens wurde im 17. Jahrhundert abgerissen.

Auf einem der höheren Berge um Halvelagen gab es einst eine kleinere Burg oder einen Signalturm. In den 1970er Jahren waren noch Reste von Sandsteinstufen und Mauern auffindbar.

Um 1900 wanderte ein großer Teil der Halvelagener nach Amerika aus. Dort arbeiteten sie unter anderem in Stahlwerken und Wurstfabriken um Chicago und Detroit. In den Jahren um 1960 lebten in Halvelagen circa 500 Sachsen, circa 250 Rumänen und circa 250 Roma.

"Wo du als Kind gespielt. In deiner Jugend gesungen.

Sind die Glocken der Heimat nicht verklungen."

Zur Frage “Was sind wir?” sind wegen fehlenden Nachweis die Aussagen der
Historiker unterschiedlich. Insbesondere sprachliche Merkmale führen zu der Annahme daß
die ersten deutschen Siedler im 12. Jahrhundert aus dem Gebiet von Rhein und Mosel,
zwischen Luxemburg, Niederlothringen und dem Westerwald, Mainz und Köln nach Siebenbürgen
kamen. Die Weber des ungarischen Königs sollen angeblich auch im Bereich des Erzbistums
Magdeburg erfolgreich gewesen sein. Das Burzenland wurde im 13. Jahrhundert von
Deutschen aus den bereits erschlossene Wanderzüge kamen aus Schlesien, Österreich, Baden
und Württemberg. Woher die ersten Siedler Halvelagens in der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts kamen und wie groß ihre Anzahl war entzieht sich unserer Kenntnis.
Auf diese Weise hatte sich in Siebenbürgen in über 800 Jahren und mehr als 30 Generationen
ein ehrliches, treues und selbstbewusstes Völkchen entwickelt, ein Menschenschlag,
den viel Lebensfreude und ein ausgeprägter Gemeinschaftssinn charakterisierte.
Gesprochen wurde die eigene Mundart, “das Sächsische”, die an eine bestimmte Landschaft
gebunden war und im Gegensatz zur Hochsprache keine überregionale Verständigung anstrebte.
Weil unsere Siebenbürger Sachsen in einem multikulturellen Raum lebten, wurde von Kindheit
an Sächsisch, Deutsch und Ungarisch, später Sächsisch, Deutsch und Rumänisch gelernt und
gesprochen. Gleiches traf auf die Halvelagner zu.
Stephan Ludwig Roth hatte erkannt, daß ein Volksstamm in fremden Landen nur dann
überleben kann, wenn er zahlenmässig und wirtschaftlich stark ist. Aus diesem Grund
unternahm er im Jahr 1845 eine Reise nach Württemberg, um für neue deutsche Ansiedler zu
werben.zwar waren die sächsischen Ortschaften noch nicht überfremdet, weil es den anderen
Nationen erst durch die Konzivilität (KAiser Joseph II., Verfügung vom 4. Juli 1781) erlaubt
worden war, Grundbesitz auf Sachsenboden zu erwerben, aber die Schleuse dafür war
geöffnet auch in unserem Dorf.
Anhaltspunkte für eine Siedlung, die bereits vor dem 13. Jahrhundert auf dem Gebiet unserer
Gemarkung existierte haben könnte, gibt es nicht. Bei der ältesten erhaltenen Volkszählung
aus dem Jahre 1488 wurden in Halvelagen 63 sächsische Wirte und dem gegenüber nur 4 Hirten
(Rumänen) verzeichnet, Das gibt uns Grund anzunehmen, daß unser Dorf von unseren
deutschen Vorfahren gegründet worden ist. Mit dieser Bevölkerungszahl stand Hotvillach 1488
an zehnter Stelle im Schäßburger Stuhl (insgesamt 20 Ortschaften) und an dritter im “unteren”
Schäßburger Stuhl. Da in Halvelagen früher überwiegend Sachsen wohnten, wurden aus ihren
Reihen der Hann (Bürgermeister, auch “Dorfrichter” genannt), der Mithann, der Notar und die
Borjer (Bürger) gewählt, denn...

...unsere Vorfahren haben früh erkannt:     “Halvelagen” wurde der Ort benannt.

Hier bauen wir uns Heim und Land.            der Namenspatron blieb bekannt.

Hier kann man gut und sicher leben             Das Schicksal hat es leider so gewollt,

mit Pferd und Rind und Wein und Reben    das wir später mußten ziehen fort.


Etwa 500 Jahre später - 1990 - lebten in unserem Ort nur noch 8 Sachsen.
In den 245 Kirchengemeinden der fünf Kirchenbezirke der Evangelischen Landeskirche
Augsburgischen Bekenntnisses (A.B.) in Rumänien präsentierte sich die Mitgliederzahl in der
Zeitspanne von 1987 bis 1990 wie folgt: 1987 = 115.512, 1988 = 110.186, 1989 = 102.162,
30.09.1990 = 47.413 Seelen. Halvelagen zählte zu den ersten aufgelösten Kirchengemeinden
(ausgenommen die Gemeinden des Bistritzer Kirchenbezirkes), obwohl es früher eine
mittelgroße Ortschaft war.

Auszug aus dem Heimatbuch

 


 

Jüngere Geschichte und Gegenwart

Nach Sturz des rumänischen Diktators Nicolae Ceauşescu 1989 verließen fast alle Halvelagener Sachsen ihre Heimatgemeinde und siedelten zurück nach Deutschland.
Die Kirchenorgel wurde in Deutschland restauriert und danach dem Musik-Konservatorium in Klausenburg (rum. Cluj-Napoca, ung. Kolosvar) übergeben. Von den drei Turmglocken des sächsischen Kirchturmes veräußerte die halvelagner Kirchenleitung in den 1990er Jahren eine Glocke an eine Kirchengemeinde im ungarisch sprechenden Székler-Gebiet im inneren Karpatenbogen.
Im Jahre 2005 leben in Halvelagen circa 1.000 Menschen, davon ca. 500 Rumänen, ca. 500 Roma und 4 Sachsen.

Die Halvelagner Mundart

Über die Sprache, die unsere Vorfahren aus ihrer Uhrheimat mitbrachten, ist zunächst auszumachen, daß sie mit dem in Deutschland als „Sächsisch“ bezeichneten, ob es um das ehemalige Königreich oder Land Sachsen geht, um Kursachen, Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen, nichts zu tun hat. „Sachsen“ haben uns erst die Ungarn genannt und damit – gleich den Finnen – Deutsche gemeint. Die Mundart der Siebenbürger Sachsen geht auf das Mittel- oder Moselfränkische zurück, das innerhalb des mitteleuropäischen deutschen Sprachraumes im Gebiet um Trier bis nach Luxemburg und Flandern auch heute noch gesprochen wird. Genauer gesagt: Wir kommen aus jenem Bereich des Deutschtums, durch welche die „Water-Wasser-Linie“ verläuft, denn wir sagen im Sächsischen einerseits „wat“ und nicht „was“, anderseits „Wasser“ und nicht „Water“.

Auszug aus dem Heimatbuch

Un Hålvêlajen

Ech dîinken un ê gruiß Kuirefæld,
drif loat an sommerlich Reah.
Vum Ræch här wänkt mêr dê Wanjerthæld
Munch frånjdlich Erännerung zea.
Der Hemmel strêolt êsi klior uch renj
äm sånnije Keåkelgêlonjd,
dio saen ech dech farrhär menj leaw Gêmênj,
und Sênjsucht dêt Harz mêr bêdronjt.

Än dir bêwuêrt bliw dê Känjdhatj mir,
dê Jugend mät ärem Gläck
Und geng me Wiêj drion uch farr vun dir,
tea rufst mech doch änjdem zêräck.
Huêt êmderîirest dêt Liêwen
mir Âfgiow uch Hîimstatt gêgien,
dêrhîim bän ich dennich änj bliwen
än dir, Hålvêlajner Gêmênj.

Empfanjden hun ech dêot näckest mîih
wae enzt â russêscher Zetj
De Froahajt net hun, dêot datj gor wîih,
und Eelend êm dajlich ha setj
Em froat sich når åf det Drîimen,
und schliofen bêkammert sich än,
drio fåert êt mech änj zea dir hîimen
und siot mêr, wai rech ech nêoch bän.

Herrmann Binder (1945)

 

 


 

 

 

Geografie

 

Halvelagen erstreckt sich längs der Nordseite des Tals der Großen Kokel (rum. Târnava Mare, ung. Nagy Kükülő). Direkt benachbarte Ortschaften sind Elisabethstadt (rum. Dumbrăveni, ung. Erzsébetváros) im Westen, Pruden (rum. Prod) im Nordosten, Lasseln (rum. Laslea) im Südosten und Waldhütten (rum. Valchid) im Süden. Weitere benachbarte größere Ortschaften sind die Stadt Schässburg, 20 km östlich, und die Stadt Mediasch, 30 km westlich.

Geografische Länge   =   24 Grad 36 Minuten

Geografische Breite   =   46 Grad 14 Minuten

Mittlere Höhenlage    =   335 m über NN

Die Fläche der Gemarkung beträgt rund 18 km², mit einer Längsachse von ca. 5km und einer Breite von 4km. Das Tal und der Flusslauf der Kokel streichen in ost-westlicher Richtung, ebenso die Bergketten auf beiden Seiten der Kokel. Die mittlere Breite der Talsohle beträgt rund 2 km, die Höhenlage im oberen Teil 335m und im unteren Teil an der Hattertgrenze mit Elisabethstadt 330 m über NN. Die höchsten Erhebungen der Gemarkung liegen bei rund 600m über NN. Die nördlich und südlich der Kokel verlaufenden Bergketten sind durch Quertäler, steile und flache Hänge, größere und kleinere Breiten (Hochflächen) stark gegliedert. Der geologische Untergrund besteht aus einer mächtigen Schichtfolge von Sandsteinen, Tonmergel, Mergelschiefer und Konglomeraten. Die Ablagerund dieser Gesteine erfolgt im Jungtertiär vor etwa 11 Millionen Jahren. Damals war Siebenbürgen noch eine Bucht des Pannonischen Binnenmeeres, das sich über die ungarische Tiefebene bis in das Wiener Becken ausdehnte. Die Tal ebene der Kokel besteht aus fluviatilen Ablagerungen (Schotter, Sande, Schluff), die in einer Nieder- und Hochterasse angeordnet sind.
Die Böden an den Berghängen haben sich unter Laubwald Gebildet. Das Klima ist kontinental-gemäßigt. Die landwirtschaftlichen genutzen Felder lagen über den ganzen Hattert verstreut, vondem Ufer der Kokel bis an den Fuß der nördlichen Bergkette.
Die ausgebaute Landstraße Herrmannstadt-Kronstadt über Schäßburg und Mediasch verläuft von Osten her zunächst auf der südlichen Seite der Kokel, und überquert dann die Kokel am Ostende des Dorfes. Parallel zur Landstraße verläuft auf der südlichen Seite der Kokel die Eisenbahnlinie und eine Nationalstraße. Je eine Abzweigung der Landstraße verbindet Halvelagen mit Pruden und Waldhütten. Das übrige Straßennetz besteht aus geschotterten Feldwegen.

Auszug aus dem Heimatbuch

 


 

 

 

 

 

© Halvelagen, wo ich zu Hause war

Die Dorfanlage

Halvelagen ist, so wie viele sächsische Dörfer Siebenbürgens , ein Straßendorf. Die Längsausdehnung der Gemeinde ist ziemlich genau Ost-west ausgerichtet, Der alte Dorfkern befindet sich ungefähr in der Ortsmitte, neben der kleinen Anhöhe, auf der unsere Vorfahren ihre Kirche und Kirchenbürg bauten.
Gegen Osten wurde wahrscheinlich zuerst die „Großgasse“ angelegt, von der eine zweite Hauptstraße , die „Kleingasse“ , in südöstlicher Richtung abzweigt. Heute steht hier an der nördlichen Häuserreihe das Rathaus der Gemeinde, erbaut 1898. Beide Gassen sind durch die „Brückengasse“, die zur Kockelbrücke führt, verbunden. Die Stahlbrücke in Bogenkonstruktion wurde 1892 errichtet, früher spannte sich eine einfache Holzbrücke über den Fluß.
Auf tiefer gelegenem Gebiet wurde in westlicher Richtung die „Unter Gasse“ , „Kolj“, angelegt. Gassen wie „ Hintergasse“, „Prudnergasse“ und Mühlgasse sind etwas stäter entstanden. Außer diesen gibt es noch mehrer kleine Gäßchen, z.B. „Leichengäßchen“, Schulgäßchen“, Schobelgäßchen“, „Webergäßchen“, „Welthergäßchen, das „Fielkengäßchen“ und andere.
Als die Rumänen als Hirten ins Dorf kamen, siedelten sie sich am Ostende der Mühlgasse an, und so entstand die „Rumänische Gasse“. Südlich davon, neben der kokel, auf Alodialgrund liegt das Ziegeunerviertel. Die Zigeuner kamen als Hufschmiede, Flickschuster und Tagelöhner ins Dorf.
Nach dem 1. u. 2. Weltkrieg wurden am Ostende und im Westen der Gemeinde Hofstellen vergeben und viele neue Häuser gebaut, in denen überwiegend Rumänen wohnen. Bis 1968 zählt Halvelagen 226 Hausnummern, 1990 waren es 381, die es heute noch gibt.

Verwaltungszugehörigkeit

Aus dem Jahr 1296 stammt die älteste urkundliche Bezeugung von „Nagy-Holdvilag“, das zusammen mit 40 siebenbürgischen Dörfern der Abtei von Klausmünster (Klozsmonostor) zugehörig war und zum Kokler Komitat gehörte. Anfang des 14. Jahrhunderts schied die Gemeinde aus diesem Komitat aus und wurde in den Schäßburger Stuhl eingegliedert. 1428 ist Halvelagen als freie Konigsboden-Gemeinde erwähnt. Nach der Aufhebung des Königsbodens im Jahr 1876 wurde Halvelagen dem Großkokler Komitat zugeordnet und nach 1925 dem Kleinkokler Komitat.
Ab 1950 gehörte Halvelagen zum Rayon Schäßburg (Teil der Region Herrmannstadt und nach 1956 der Region Kronstadt) und seit 1968 zum Kreis Herrmannstadt. Das Dorf ist Gemeindezentrum, das die Nachbarorte Waldhüten und Pruden mitverwaltet.

Auszug aus dem Heimatbuch